Verdeutlichung der Formel der relativistischen Geschwindigkeitsaddition (Tipler/Mosca: Physik für Wissenschaftler und
Ingenieure, aus dem Amerikanischen, 2.Aufl. München 2006, S.27 und S.1273)
(1) Die klassische Formel
Diese erste Formel ist die übliche, klassische, Sichtweise der Geschwindigkeits-Addition. soll einen Schwimmer in einem Fluß bedeuten, der eine bestimmte relative
Geschwindigkeit zum Ufer hat, was mit dem oberen Index U angedeutet wird. Dies ist das Ergebnis, das gesucht ist.
Der Schwimmer hat außerdem eine bestimmte relative Geschwindigkeit zum Fluß - er krault in Richtung der Strömung und hat relativ zum Ufer somit eine größere
Geschwindigkeit als der Fluß, eben als Addition der beiden anderen (positiven)
Geschwindigkeiten rechts vom Gleichheitszeichen. Die Relativgeschwindigkeit des Flusses zum Ufer wird mit symbolisiert.
Die Geschwindigkeit des Schwimmers relativ zum Ufer ergibt sich also als einfache Addition von
Schwimmergeschwindigkeit relativ zum Fluß + Flußgeschwindigkeit relativ zum Ufer.
(2) Die 'relativistische Formel' sieht jedoch etwas anders aus - sie schleppt noch einen
schwerwiegenden Nenner mit sich herum, der selber auch noch einen Nenner mit sich herumschleift:
Es ist klar, wenn die Geschwindigkeit von Fluß und Schwimmer relativ klein gegenüber
c² ist, so ist der mords-Bruch im Nenner praktisch =0 und die Sache bleibt so, wie sie immer war. Was insbesondere dann der Fall ist, wenn c² eine ungeheuer große Zahl ist,
wie das ja beim Quadrat der Lichtgeschwindigkeit tatsächlich der Fall ist:
"Für extrem schnelle Objekte, wie Elektronen und entfernte Galaxien wird der
Unterschied zwischen diesen beiden Gleichungen aber wesentlich." (Tipler/Mosca, S.27)
Eine Folgerung der Logik dieser Formel ist, daß wenn eine der beiden Geschwindigkeiten
a) Schwimmer zu Fluß oder b) Fluß zu Ufer =c ist, so ist die andere Geschwindigkeit, wenn sie sich hinzuaddiert, insofern nicht mehr von Relevanz, als die
Gesamtgeschwindigkeit: Schwimmer relativ zum Ufer dann in jedem Fall nicht größer als c ist.
Das heißt in anderen Worten, daß es (relativ zum Ufer) für den Schwimmer eben keine
höhere Geschwindigkeit als c gibt. Das wird mit Hilfe dieser oben schon einmal hingeschriebenen interessanten mathematischen Formel ausgedrückt, und soll sogleich genauer gezeigt werden.
Die Behauptung, daß der Schwimmer relativ zum Ufer nicht schneller als c sein kann
wird jetzt etwas deutlicher, im Sinne von ‘formeller’, dargelegt werden.
1.) Sei die Geschwindigkeit des Schwimmers relativ zum Fluß =c und sei die
Geschwindigkeit des Flusses relativ zum Ufer beliebig groß, auch größer als c (vergleiche dazu auch Fall 5), so ergibt sich:
d.h. das Ergebnis ist = c. Oder deutlicher gesagt: die Geschwindigkeit des Schwimmers relativ zum Ufer ist trotzdem nur c, wiewohl doch der Fluß auch noch eine Geschwindigkeit relativ zum Ufer hat.
2.) Sei die Geschwindigkeit des Flusses relativ zum Ufer =c
Auch hier ist = c. D.h. die Geschwindigkeit des Schwimmers relativ zum Ufer ist c. Seine eigene Geschwindigkeit relativ zum Fluß zählt also nix mehr.
3.) Seien beide Geschwindigkeiten gleich c, sowohl Schwimmer zu Fluß, als auch Fluß zu Ufer:
Schwimmer und Fluß zusammen müßten doch jetzt doppelte Lichtgeschwindigkeit relativ zum Ufer haben - aber Pfeifedeckel! Hier ergibt 1+1 ausnahmsweise mal nicht
gleich 2 sondern lediglich =1.
4.) Und was ist, wenn der Schwimmer nun im Fluß (relativ zum Fluß) plötzlich einen
Rappel kriegt und mit der doppelten (oder n-fachen) Lichtgeschwindigkeit loskrault?
Auch das nutzt ihm offenbar gar nix, denn relativ zum Ufer bewegt er sich nach wie vor
mit einfacher Lichtgeschwindigkeit. Die Formel verhindert also nicht, daß der Schwimmer innerhalb des Flusses Überlichtgeschwindigkeit haben darf (was real- physikalisch ausgeschlossen ist).
Nebenbei gesagt hätte - auf Grund der Symmetrie in der Formel - auch der Fluß das
gleiche Recht auszuflippen wie der Schwimmer, sofern nur der Schwimmer wiederum sich an der Kandare hielte und lediglich Lichtgeschwindigkeit hätte (siehe dazu auch Fall 5). Auch dann käme natürlich wieder c heraus.
5.) Darf auch noch der Fluß - und nicht nur der Schwimmer - alle Lichtgeschwindigkeitsbegrenzungen sprengen? Er fängt jetzt auch an zu spinnen und
habe etwa plötzlich 3-fache (oder gar n-fache) Lichtgeschwindigkeit?
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Da wird's dann allerdings strange. Wenigstens einer von beiden müßte sich schon an die Regeln halten, d.h. höchstens bis Lichtgeschwindigkeit
gehen! Sonst wird der Schwimmer am Ende wieder langsamer - relativ zum Ufer. Doch so haben wir nicht gewettet. Wie man an der Tabelle sieht, wird die Geschwindigkeit immer geringer. Bei n=1 ist sie noch
=c, danach <c. Aber es handelt sich eh hier um eine rein formalistische Fragestellung, da ja real-physikalisch dieser Bereich der Formelmöglichkeit unausgeschöpft bleibt, denn es gibt keine
Überlichtgeschwindigkeit - fertig ab!
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6. Wenn allerdings der Schwimmer mit Lichtgeschwindigkeit gegen die Flußströmung
anschwimmen würde, so wäre dies auch nach der relativistischen Formel ein Stillstand. Es ergibt sich nämlich dann die Geschwindigkeit 0 des Schwimmers relativ zum Ufer, da
ja im Zähler jetzt eine Null steht - schön wär's - , denn da auch im Nenner eine Null steht, ist das Ergebnis sowieso unsinnig.
D.h. die Geschwindigkeit Schwimmer gegen die Flußströmung sollte sinnvollerweise lediglich höchstens bis fast zur Lichtgeschwindigkeit reichen, sofern der Fluß selber (relativ zum Ufer) Lichtgeschwindigkeit hat - aus Formelgründen. Aus Realitätsgründen
wiederum sollte sie auch nicht darüber hinaus gehen. Wiewohl im letzteren Fall sich auch wieder c ergäbe, wie beispielsweise bei 5-facher Lichtgeschwindigkeit gegen den Strom:
7. Sofern der Fluß eine geringere oder höhere Geschwindigkeit als Lichtgeschwindigkeit
hat, wenn der Schwimmer selber mit -c gegen die Flußströmung anschwimmt, hat man als Ergebnis die negative Lichtgeschwindigkeit (also entgegen der Flußströmung), was ja
physikalisch durchaus interessant ist:
Das letzte Ergebnis (Fluß mit Überlichtgeschwindigkeit) ist zwar formell durchaus
ansprechend, aber dennoch, über die Lichtgeschwindigkeit hinauszugehen, ist in jedem Fall physikalisch sinnlos - und deswegen hier uninteressant.
8. Was ist, wenn der Schwimmer gegen die Flußströmung mit irgendeiner Geschwindigkeit (relativ zum Fluß) bis fast zur Lichtgeschwindigkeit schwimmt? Beispielsweise mit dem Geschwindigkeitsbetrag 3/4 *c ? Die Gegenrichtung ist durch das Minuszeichen formell bestimmt.
Fall a) Der Fluß hat Lichtgeschwindigkeit
Solange der Schwimmer unterhalb von c bleibt, handelt sich auch hier wieder um den
Fall 2. Nur ist im Falle der exakten Lichtgeschwindigkeit gegen den Fluß (Fall 6) hier kurz mal Sendepause - und darüber hinaus wirds physikalisch irreal.
Fall b) Der Fluß hat eine geringere Geschwindigkeit als der gegen die Flußströmung anschwimmende Schwimmer:
Es ergibt sich ein zwar ungewohnter Betrag, aber die Richtung der Geschwindigkeit des Schwimmers relativ zum Ufer stimmt.
Fall c) Wenn der Fluß eine höhere Geschwindigkeit hat, als der gegen die Flußströmung anschwimmende Schwimmer, so ist das Ergebnis positiv:
9.) Und schließlich - zur Abrundung - noch die einfache Addition zweier Geschwindigkeiten unterhalb der Lichtgeschwindigkeit, wenn der Schwimmer mit der
Flußströmung schwimmt
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Bis jetzt war das ja nun alles eine schöne Spielerei mit einer Formel. Aber was will uns das Ganze eigentlich sagen?
Dazu muß ich jetzt noch einmal zum nächtlichen Fluß zurückkehren.
Nehmen wir an, auf dem Fluß befindet sich ein Scheinwerfer auf einem Boot. Das Boot
macht keine Bewegung auf dem fließenden Fluß sondern bewegt sich mit dem Fluß ruhend mit, es hat also die gleiche Relativgeschwindigkeit zum Ufer wie der Fluß,
lediglich der Scheinwerfer sendet ständig kurze Lichtblitze (nach hinten oder nach vorn, je nachdem, in welcher Richtung die Meßstation am Ufer liegt) aus.
Was die 'relativistische Formel' eigentlich abbilden soll, ist, bildlich gesprochen, sodann ungefähr die folgende Aussage:
Gesagt wird dann, wenn der Scheinwerfer Lichtblitze in die Richtung des (geradlinig
angenommenen) Flusses aussendet (flußaufwärts oder flußabwärts - ein Lichtblitz übernimmt nun die Funktion des obigen Schwimmers), so ist es gleichgültig, welche
Geschwindigkeit der Fluß relativ zum sich vom Scheinwerfer entfernenden Lichtblitz hat (bei gleicher Richtung Flußströmung -> Lichtblitz bis hin zur Lichtgeschwindigkeit, bei
entgegengesetzter Richtung Flußströmung <-> Lichtblitz bis fast zur Lichtgeschwindigkeit) und es ist auch gleichgültig, welche Geschwindigkeit der Fluß
relativ zum Ufer hat (in jedem Fall bis fast zur Lichtgeschwindigkeit). Bezogen auf eine gewisse Uferstelle, an welcher sich eine Meßstation befindet, ergibt sich immer die
gleiche Lichtgeschwindigkeit c der Lichtblitze. Die Meßstation mißt etwa auf einer 1 km langen Strecke die Dauer, welche die Lichtblitze zum Durchlaufen brauchen. Der Fluß
mitsamt dem Boot mit Scheinwerfer kann sich also mit beliebig großer Geschwindigkeit (bis fast zur Lichtgeschwindigkeit) von jener Uferstelle wegbewegen oder (bis hin zur
Lichtgeschwindigkeit) darauf zu bewegen, an der Geschwindigkeit der an jener Uferstelle von dem Scheinwerfer ankommenden Lichtblitze ändert das nichts. Die
Lichtblitzgeschwindigkeit wird immer wieder = c gemessen - weder mehr noch weniger.
Die obige 'relativistische Formel' präzisiert also formell das Zweite Postulat der
(speziellen) Relativitätstheorie, das gemäß Tipler/Mosca S.318 lautet: "Die Geschwindigkeit des Lichts ist unabhängig von der Geschwindigkeit der Lichtquelle."
Oskar Höfling schreibt in seinem "Lehrbuch der Physik
" (für die Oberstufe, Ausgabe A, 6. Auflage, Bonn 1964, S.172) zum Gesetz von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit:
<...Dieses Additionsgesetz der Geschwindigkeiten [gemeint ist die klassische Addition der Geschwindigkeiten] gilt überall in der uns umgebenden Natur, und es ist deshalb
naheliegend, es auch für die Lichtgeschwindigkeit als gültig anzunehmen. Dann müßte die Lichtgeschwindigkeit verschieden sein, je nachdem der lichtaussendende Körper sich
auf den Beobachter zu oder von ihm weg bewegt oder in Ruhe ist. Die Lichtgeschwindigkeit müßte wie jede andere Geschwindigkeit vom Bezugssystem abhängen. Solche Messungen sind vor allem von A. A. Michelson (1852-1931) mit sehr
großer Genauigkeit durchgeführt worden, und zwar sowohl für Lichtstrahlen, die von radial bewegten Sternen kommen, als auch für solche, die von bewegten irdischen
Lichtquellen ausgehen. Nirgendwo konnte eine Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit vom Bewegungszustand der Lichtquelle festgestellt werden, obwohl die Empfindlichkeit
der Versuchsanordnung bei weitem ausgereicht hätte, eine solche Richtungsabhängigkeit anzuzeigen. Die Versuche ergaben vielmehr das Gesetz von der Konstanz der
Lichtgeschwindigkeit...> (S.172)
Tipler/Mosca, S.319 verwenden in ihrem Lehrbuch ein anschauliches Bild, um jenes
Phänomen der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit für ihre Studenten zu verdeutlichen. Jeder von diesen amerikanischen College-Studenten oder Studentinnen hat
selbstverständlich zu Hause einen adretten Garten hinter dem schönen amerikanischen Vorstadthaus, und jeder oder jede von ihnen kennt natürlich persönlich Bob den Raumfahrer
:
<...Stellen Sie sich vor, Sie sind in Ihrem Garten hier auf der Erde, während Bob sich in einem Raumschiff mit halber Lichtgeschwindigkeit (1/2 c) von Ihnen fortbewegt. Nun
richten Sie eine Blitzlichtlampe so aus, dass sie in Bobs Richtung zeigt, und schalten sie ein. Die Lampe sendet einen Lichtblitz aus, der sich mit der Geschwindigkeit c (relativ
zur Lampe) ausbreitet und Ihre Nachbarin Keisha passiert, die auf dem Dach ihres Hauses steht. [Dieselbe ist natürlich ebenfalls Physikstudentin; Anm. d. Verf.]. Keisha
misst die Geschwindigkeit des vorbeikommenden Lichtblitzes [sie hat - das ist ja wohl klar - ein kleines Lichtblitzmeßgerät in ihrem schicken Handy für PhysikerInnen
integriert; Anm d. Verf.] und stellt fest, dass sie c beträgt. Wenige Minuten später passiert der Lichtblitz Bob und sein Raumschiff. Wie Keisha misst auch Bob die
Geschwindigkeit des vorbeikommenden Lichtblitzes, und auch er kommt zu dem Ergebnis, dass díe Geschwindigkeit c beträgt. Das erstaunt ihn, denn er hatte erwartet,
dass der Lichtblitz mit der Geschwindigkeit 1/2 c an ihm vorbeiziehen würde statt mit der Geschwindigkeit c - schließlich bewegt sich Bob selbst mit der Geschwindigkeit 1/2 c
relativ zur Lichtquelle (der Lampe in Ihrem Garten). [Bob traut also nach wie vor den Lehrkräften seines Physiklehrganges für angehende Raumfahrer diesbezüglich noch nicht
so recht über den Weg. - Anm.d.Verf.]. Es geht Bob wie vielen anderen Leuten auch: die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit widerspricht seiner Intuition. Nun ist er in der
Zwickmühle. Wem soll er trauen, seinen Messinstrumenten oder seiner Intuition? Es zeigt sich, dass es Bobs Intuition ist, die einer Korrektur bedarf, nicht seine
Messinstrumente. Bob muss seine Vorstellungen von Raum und Zeit revidieren.> (S.319)
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